Die östlichen Philosophien umfassen eine breite Vielfalt von Denkschulen und Traditionen, die sich in Asien entwickelt haben. Dazu gehören unter anderem der Hinduismus, Buddhismus, Taoismus und Konfuzianismus. Trotz ihrer Unterschiede und der geografischen Verbreitung teilen sie grundlegende Gemeinsamkeiten, die ihre Kernprinzipien und Ansichten über das Leben, die Welt und das menschliche Dasein prägen.

Ganzheitliche Weltsicht

Eine der zentralen Gemeinsamkeiten ist die ganzheitliche Sicht auf die Welt. In vielen östlichen Philosophien wird das Universum als ein organisches Ganzes betrachtet, in dem alle Dinge miteinander verbunden sind. Diese Sichtweise hebt das Prinzip der Interdependenz hervor, wonach das Individuum nicht isoliert, sondern stets in Beziehung zu seiner Umwelt und anderen Lebewesen existiert. Besonders im Buddhismus wird das Konzept der „wechselseitigen Abhängigkeit“ betont, während der Taoismus die Harmonie zwischen Mensch und Natur in den Vordergrund stellt.

Die Suche nach innerem Frieden und Harmonie

Eine weitere grundlegende Gemeinsamkeit ist das Streben nach innerer Harmonie, Frieden und Gelassenheit. Während westliche Philosophien oft stärker nach der äußeren Realität oder empirischen Wahrheit suchen, liegt in östlichen Traditionen der Fokus oft auf der inneren Selbsterkenntnis. In vielen östlichen Philosophien, wie dem Buddhismus oder dem Hinduismus, ist der Weg zur Befreiung (Moksha oder Nirvana) das ultimative Ziel. Dies wird durch Selbstdisziplin, Meditation und die Kontrolle des Geistes erreicht.

Die Bedeutung von Moral und Ethik

Ethik spielt in allen östlichen Philosophien eine zentrale Rolle. Sie ist eng verknüpft mit dem Glauben an Karma – das Gesetz von Ursache und Wirkung. Besonders in hinduistischen und buddhistischen Lehren gilt das Handeln als Schlüsselfaktor für das individuelle und kollektive Wohlergehen. Gute Taten bringen positive Ergebnisse, während schlechte Taten negative Konsequenzen nach sich ziehen. Diese moralischen Grundsätze zielen darauf ab, das Leiden zu verringern und Mitgefühl zu fördern.

Zyklisches Weltbild

Eine weitere wichtige Gemeinsamkeit ist das zyklische Verständnis von Zeit und Existenz. Im Gegensatz zur linearen Zeitauffassung des Westens, bei der das Leben als eine Abfolge von Anfang und Ende betrachtet wird, betonen die östlichen Philosophien die zyklische Natur der Existenz. Im Hinduismus und Buddhismus manifestiert sich dies in der Lehre der Wiedergeburt (Samsara), wobei das Leben als ständige Abfolge von Geburt, Tod und Wiedergeburt verstanden wird. Die Befreiung aus diesem Zyklus wird als das höchste spirituelle Ziel angesehen.

Selbstlosigkeit und Egoüberwindung

Das Überwinden des Egos ist ein zentrales Element vieler östlicher Philosophien. In der buddhistischen Lehre etwa wird das „Ich“ als Illusion angesehen, die zur Anhaftung und letztlich zu Leiden führt. Die Befreiung von diesem illusionären Selbst führt zu einem Zustand von Erleuchtung und innerem Frieden. Ähnliche Gedanken finden sich im Taoismus, der das Loslassen von starren Vorstellungen und das Fließen mit dem „Tao“ (dem Weg) als Schlüssel zum erfüllten Leben betrachtet.

Spirituelle Praxis und Meditation

Meditation und spirituelle Praktiken sind in den meisten östlichen Philosophien von großer Bedeutung. Die Suche nach Erleuchtung, innerem Frieden oder Harmonie erfordert einen disziplinierten geistigen Weg, der oft durch verschiedene Formen von Meditation, Gebet oder Ritualen begleitet wird. Im Hinduismus spielt die Meditation (Dhyana) eine wesentliche Rolle auf dem Pfad zur Selbsterkenntnis, während im Zen-Buddhismus die Sitzmeditation (Zazen) zur Erleuchtung führt.

Relativer Dualismus und Einheit

Obwohl es Konzepte von Dualismus (z.B. Yin und Yang im Taoismus) gibt, wird betont, dass diese Gegensätze letztlich Teil einer Einheit sind. Das Eine kann ohne das Andere nicht existieren, und erst im Zusammenspiel entsteht die Vollständigkeit. Diese Sichtweise steht im Gegensatz zum oft scharfen Dualismus in westlichen Philosophien, wie dem Gegensatz von Gut und Böse.

 

Liebe Leserinnen und Leser, östliche Philosophien zeichnen sich durch eine tiefe Verbundenheit mit der Natur, die Betonung von innerem Frieden und spiritueller Praxis sowie durch eine holistische Weltsicht aus. Sie lehren, dass der Weg zur Erleuchtung und Befreiung durch das Loslassen des Egos, das Leben in Harmonie mit der Umwelt und die Kultivierung von Mitgefühl führt. All diese Philosophien vereint ein tiefes Verständnis für das wechselseitige Zusammenspiel von Mensch und Kosmos.

Rainer Schwenkkraus

Psychologische Onlineberatung, Kopfmuster