Das Atmen ist eine fundamentale Handlung, die wir täglich ohne bewusstes Nachdenken ausführen. Es scheint so einfach und selbstverständlich zu sein, dass wir uns kaum Gedanken darüber machen. Doch hinter dem Akt des Atmens verbirgt sich eine faszinierende Komplexität und Tiefe, die weit über die Oberfläche hinausgeht. In diesem Beitrag  möchte ich einige bemerkenswerte Aspekte des Atmens aufzeigen, die vielleicht noch nicht allgemein bekannt sind.

Atemmuster und Emotionen

Unsere Atemmuster sind nicht nur Reflexe, die den Sauerstoffaustausch in unseren Lungen gewährleisten. Sie stehen auch in enger Verbindung zu unseren Emotionen und unserem psychischen Zustand. Bei Angst oder Stress neigen wir dazu, flach und schnell zu atmen. Hingegen wird unser Atem ruhiger und tiefer, wenn wir entspannt sind. Dieser Zusammenhang zwischen Atmung und Emotionen wurde schon in alten Kulturen erkannt und diente als Grundlage für Atemtechniken in der Meditation und im Yoga.

Nasenatmung vs. Mundatmung

Die Art, wie wir atmen, kann auch Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Die Nasenatmung ist effizienter als die Mundatmung, da sie die eingeatmete Luft filtert, befeuchtet und erwärmt, bevor sie in die Lungen gelangt. Nasenatmung trägt zur Aktivierung des Parasympathikus bei, der Teil des autonomen Nervensystems ist und Entspannung fördert. Mundatmung hingegen kann zu trockenem Mund, Schlafproblemen und anderen Gesundheitsproblemen führen.

Atem und Energiefluss

In verschiedenen Kulturen wird der Atem mit der Vorstellung eines subtilen Energieflusses im Körper verbunden. In der chinesischen Tradition wird dieser Fluss als „Qi“ bezeichnet, während es im indischen Yoga als „Prana“ bekannt ist. Diese Konzepte betonen, wie der Atem nicht nur Sauerstoff liefert, sondern auch eine vitale Lebenskraft, die den gesamten Körper durchdringt.

Bewusstes Atmen und Achtsamkeit

Die bewusste Lenkung unseres Atems kann eine transformative Wirkung auf unsere Psyche haben. Achtsamkeitspraktiken, die sich auf die bewusste Wahrnehmung des Atems konzentrieren, helfen dabei, den Geist zu beruhigen, Stress abzubauen und die Konzentration zu steigern. Indem wir uns auf den Atem konzentrieren, lernen wir, im gegenwärtigen Moment zu sein, ohne von ablenkenden Gedanken gestört zu werden.

Atem und autonome Regulation

Obwohl das Atmen größtenteils automatisch abläuft, haben wir auch die Fähigkeit, unseren Atem bewusst zu beeinflussen. Dies kann Auswirkungen auf unsere Herzfrequenz, den Blutdruck und den Stresslevel haben. Atemübungen wie das Verlängern der Ausatmung können dazu beitragen, das Gleichgewicht im autonomen Nervensystem zu fördern und eine beruhigende Wirkung auf den Körper zu haben.

Liebe Leserinnen und Leser,

in der Tat ist das Atmen viel mehr als nur eine biologische Funktion. Es ist eine Brücke zwischen Körper und Geist, eine Quelle der Vitalität und ein Werkzeug zur Selbsterkenntnis. Indem wir uns bewusst mit unserem Atem verbinden und seine tieferen Aspekte erkunden, können wir nicht nur unsere physische Gesundheit verbessern, sondern auch eine tiefere Verbindung zu uns selbst herstellen.

Rainer Schwenkkraus

Berater und Autor